Auch im Rottal erlernen und praktizieren Aktive die japanische Kampfkunst Karate. Coach und Schwarzgurt (4. Dan) Roland Hager (37) vom Dojo Reichenberg erklärte, auf was es dabei ankommt, wie sich Karatekas in Zeiten von Corona fit halten und ob es derzeit Sinn macht, an die körperlichen Grenzen zu gehen.
„Es ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn man es nicht ständig am Kochen hält.“ Mit diesen Worten fasst Roland Hager zusammen, was Karate seiner Auffassung nach ausmacht. Da sich in Corona-Zeiten die Aktiven außerhalb der Familie nicht treffen dürfen, steht das Training daheim hoch im Kurs. Coach Hager selbst probiert in den eigenen Wänden jeden Tag rund eine Stunde lang Bekanntes wie Neues aus. Was sich bewährt, empfiehlt er seinen jungen wie alten Schülern über digitale Kanäle. Besonders empfiehlt er die Home-Training-Videos für jede Altersklasse von Sensei Schlatt aus Tauberbischofsheim. Roland Hager kennt diesen Meister persönlich, war mit ihm bereits in Japan zugange und nennt ihn „einen väterlichen Freund“.
Alle Übungen für Zuhause betrachtet der Rottaler Coach als „Notlösung, die das reguläre Training nicht ersetzt“. Damit ihm und seinen Schülern der Wiedereinstieg später leichter fällt, will er aus der jetzigen Situation das Beste machen. Angesichts der besonderen Verhältnisse empfiehlt er ein moderates Training und warnt: „Niemand sollte an seine Grenzen gehen, denn das schwächt den Körper.“ Für die Zeit, wenn die jetzigen Beschränkungen fallen, kündigt er an, das Training sofort wieder aufzunehmen. Indes tröstet Hager: „Es geht jetzt auf der ganzen Welt allen so.“
Bei regulärem Betrieb kümmert sich Roland Hager als Coach und Abteilungsleiter der Karate-Sparte der DJK-Sportfreunde Reichenberg um rund 100 Mitglieder. Seine fünf nach Alter und Leistung abgestimmten Übungsstunden reichen vom Weiß- zum Schwarzgurt. Darüber hinaus besucht er einmal pro Woche das regionale Schwarzgurttraining bei Manfred Schmoigl (7. Dan) in Triftern.
Als seinen größten Erfolg bezeichnet Roland Hager seine Teilnahme an der Europameisterschaft 2009 (ETKF). Im K.o.-System schied er damals gegen den späteren Europameister aus Polen aus. Als einsatzfreudiger Jugendtrainer wiederum führte er Jürgen Aigner vor knapp fünf Jahren zu WM-Gold (UWK) in seiner Altersklasse sowie Viktoria Eckert bei zwei JKA-Jugend-Europameisterschaften zu drei Team-Titeln.
Derzeit fallen sowohl das gemeinsame Training als auch Wettkämpfe aus. Bereits abgesagt wurden etwa die Deutschen Meisterschaften des DJKB am 2. Mai sowie des DTKV am 16. Mai. Im Rahmen dieser beiden Verbände tritt Hagers Sparte nämlich an, und zwar beim DTKV als Dojo Reichenberg sowie beim DJKB im Rahmen von Einzelmitgliedschaften.
Ein Blick zurück: Roland Hager selbst kommt als eher schüchterner Typ im Alter von zehn Jahren zum Karate. Bis heute gefällt ihm an dieser Sportart, „dass sie nicht Mainstream ist und den Körper und den Geist schult“. Passend dazu beginnt und endet sein Training mit einer Meditationsminute. Ihm zufolge befreit man sich so von störenden Gedanken. Wer die Kampfkunst erlernen will, sollte sich laut Hager „motivieren können und Durchhaltevermögen mitbringen“. Großmäuler haben ihm zufolge beim Karate nichts verloren. Als richtige Einstellung empfiehlt er: „Man soll sich nicht aufs gewinnen konzentrieren, sondern darauf, wie man nicht verliert.“
In Hinblick auf die Coronakrise glaubt Hager, vom Karate lernen zu können, dass man sich selbst nicht so wichtig nimmt. Ihm persönlich sagt ohnehin zu, dass rund um die asiatischen Wurzeln des Karatesports die Gemeinschaft stärker im Vordergrund stehe als bei uns. Auf der ganzen Welt zählt wiederum, dass Disziplin den Erfolg fördert. Oder wie Roland Hager es formuliert: „Ein Schwarzgurt ist ein Weißgurt, der nicht aufgegeben hat.“ – Herwig Slezak (erschien in leicht abgewandelter Form in der Passauer Neuen Presse und im Rottaler Anzeiger)